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Begleiter in der Dunkelheit - Wie Fanna etwas Angst verlor

Die Nächte in den Vertriebenencamps von Mashamari, im Nordosten Nigerias, sind dunkel. Sehr dunkel. Denn es gibt keine Straßenbeleuchtung, keine Geschäfte, die nachts beleuchtet sind, generell gibt es Strom nur in wenigen Gebäuden. Die nächste Großstadt ist 34 Kilometer entfernt. Auch in den Unterkünften der Menschen gibt es weder Licht noch Strom noch fließendes Wasser. Das Leben für die Menschen in den Camps ist gefährlich, denn außerhalb terrorisieren noch immer islamistische Gruppen die Bevölkerung. Sie sind auch der Grund dafür, dass zwei Millionen Menschen im Nordosten Nigerias ihre Dörfer verlassen mussten und in Camps für Vertriebene leben. Bewacht wird das Camp von der nigerianischen Armee, doch gefährlich ist das Leben der Frauen und Mädchen trotzdem, denn immer wieder sind sie gewaltsamen Übergriffen von Männern ausgesetzt. Schon der nächtliche Gang zur Toilette birgt eine Gefahr, denn die Unterkünfte haben keine Toiletten und so müssen die Frauen und Mädchen nachts im Dunkeln zu den öffentlichen Latrinen laufen. Ohne Licht ist dies sehr gefährlich.

Deshalb ist die solarbetriebene Taschenlampe, die Fanna (Name geändert) von den Mitarbeitenden im sogenannten „Safe space“ von uns bekommen hat, wichtig. „Die Taschenlampe ist für mich unbezahlbar“, sagt Fanna. Denn eines nachts wurde in ihr Haus eingebrochen und damals hatte sie kein Licht zur Hand, konnte den Einbrecher nicht identifizieren. Sie fühlte sich völlig schutzlos im Stockdunklen ihrer Unterkunft. Jetzt hat sie eine Taschenlampe immer neben ihrer Schlafmatte liegen und nimmt sie mit, wenn sie im Dunkeln zur Latrine muss.

Immer wieder auf der Flucht

Fanna ist erst 25 Jahre alt, aber sie hat bereits viel in ihrem Leben erlebt. Vor 10 Jahren wurde ihr Dorf von islamistischen Terroristen überfallen. Sie floh mit ihrer Familie, doch auch in der neuen Ortschaft waren sie nicht sicher. Nach eineinhalb Jahren mussten sie  diesen Ort wegen der Terroristen wieder verlassen. Sie konnten nur ihr Leben retten, alle Habseligkeiten musste die Familie zurücklassen. Seitdem lebt Fanna in Mashamari, gemeinsam mit ihren drei Kindern und ihrem Vater. Von ihrem Mann hat sie sich vor einiger Zeit getrennt. Ihre Mutter ist kürzlich verstorben, ihr Vater hat psychische Probleme. „Jetzt lastet die gesamte Verantwortung auf meinen Schultern, und wir haben Mühe, mit den Schwierigkeiten und den steigenden Preisen fertig zu werden“, sagt Fanna.

Der „Safe space“ für Frauen und Mädchen, den wir in Mashamari betreiben, ist ein Schutzraum.  Männern ist der Zutritt verboten. Hier haben die Frauen und Mädchen die Möglichkeit, sich bei Problemen mit der Familie oder der Nachbarschaft an Sozialarbeiterinnen zu wenden. Außerdem zeigen die Mitarbeiterinnen ihnen, wie sie Geld für ihre Familien verdienen können. Mit etwas Unterstützung lernen die Frauen zum Beispiel, wie sie Nudelteig herstellen können, den sie verkaufen können. Fanna hat hier gelernt, wie sie traditionelle Herrenmützen herstellt. „Dank Malteser International konnte ich an einem Trainingsprogramm für das Stricken von Mützen teilnehmen. Inzwischen beschäftige ich selber Leute, die mir bei den ersten Schritten des Strickens helfen, während ich die letzten Schritte durchführe. Es dauert drei Wochen, bis eine Mütze fertig ist. Mit dem Erlös kaufe ich das Material für die nächste Mütze und verwende das restliche Geld, um meinen Haushalt mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln zu versorgen“, sagt Fanna.

Fanna hat durch das Erlernen eines Handwerks nun eine Möglichkeit gefunden, sich, ihre drei Kinder und ihren Vater zu ernähren. Und nachts, da sorgt noch immer die Taschenlampe dafür, dass sie sich sicherer fühlt. Manchmal sind es die kleinen Dinge, die einen besonderen Wert haben und das Leben der Menschen besser und sicherer gestalten können.

(November 2024)

Priceless - Über Gegenstände von unschätzbarem Wert

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