Coronavirus in Flüchtlingscamps: Wie wir uns gegen Ausbrüche wappnen
Weltweit wächst in Flüchtlingscamps die Angst vor einer Ausbreitung des Coronavirus. Millionen Flüchtlinge und Vertriebene leben derzeit in überfüllten Camps unter katastrophalen Bedingungen. Ohne angemessenen Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen oder Hygieneartikeln wie Seife hätte ein Ausbruch von COVID-19 in den Camps verheerende Folgen, denn das Virus könnte sich wie ein Lauffeuer verbreiten.
Im größten Flüchtlingscamp der Welt in Bangladesch wurden Mitte Mai die ersten COVID-19-Fälle gemeldet. Bis Ende Dezember gab es 366 bestätigte Infektionen in den Camps. Zehn Geflüchtete starben in Zusammenhang mit dem Coronavirus (Stand: 27.12.2020).
Auch in den Flüchtlingscamps in Griechenland hatte sich die Situation beispielsweise bereits deutlich zugespitzt: Nach dem Tod einer Frau, die mit Fieber in ein Krankenhaus eingeliefert, jedoch negativ auf das Coronavirus getestet wurde, gab es in einem Flüchtlingscamp auf der Insel Chios Ausschreitungen und Proteste seitens der Bewohner. In zwei Camps in der Nähe von Athen sind mehrere Personen positiv getestet und die Lager unter Quarantäne gestellt worden.
Zustände wie diese machen deutlich, dass die Menschen in Flüchtlingscamps dringend auf unsere Hilfe angewiesen sind.
Aktuelle Situation: Inwiefern sind Flüchtlingscamps von COVID-19 betroffen?
Bis Mitte Mai gab es in den Flüchtlingscamps, in denen Malteser International tätig ist, keine bestätigten Fälle von COVID-19. Dann wurden die ersten Infizierten in den Flüchtlingscamps in Cox's Bazar in Bangladesch gemeldet. Bis Ende Dezember wurden 366 Fälle in den Camps bestätigt, zehn Geflüchtete starben. Im gesamten Distrikt Cox's Bazar wurden 5.724 Menschen positiv auf das Virus getestet (Stand: 27.12.2020). Da Flüchtlinge und Gastgemeinden auf engen Raum zusammenleben, ist eine rasche Ausbreitung wahrscheinlich. Laut Angaben des Hochkommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) wurden sofort nach Bekanntwerden der ersten Fälle Teams eingesetzt, um die Infizierten isoliert zu behandeln sowie ihre Kontakte nachzuverfolgen und unter Quarantäne zu stellen bzw. zu testen.
Laut Experten war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis das Coronavirus die Camps erreicht. Nun droht eine rasante Ausbreitung des Virus. Grund hierfür sind die prekären Bedingungen, unter denen die Geflüchteten leben. In den Flüchtlingscamps in Cox’s Bazar leben derzeit 860.000 Flüchtlinge aus Myanmar (55 % davon sind Kinder) auf engstem Raum unter desolaten Zuständen. Pro Quadratkilometer sind laut Angaben von UNHCR im Durchschnitt 40.000 Menschen untergebracht. Das ist mehr als das vierzigfache der durchschnittlichen Bevölkerungsdichte Bangladeschs. In den notdürftigen Unterkünften aus Bambus und Planen, die kaum zehn Quadratmeter groß sind, leben bis zu zwölf Personen. Neben dem akuten Platzmangel ist zudem ein sicherer Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen kaum gegeben. Dutzende Menschen müssen sich zum Beispiel eine Toilette teilen. Ebenso mangelt es an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. Durch all diese Mängel sind die Immunsysteme der Menschen bereits stark geschwächt, was sie besonders anfällig für das Coronavirus macht.
Bislang sind die Coronainfizierten in Cox's Bazar in Bangladesch die ersten Fälle in einem Camp, in dem Malteser International tätig ist (Stand: 29.06.2020), jedoch sind weltweit Flüchtlingscamps wie z.B. im Norden Syriens oder Griechenland von einem Ausbruch des Coronavirus bedroht.
Zu der Gefahr einer Ansteckung mit COVID-19 kommt für viele Geflüchtete und Vertriebene erschwerend hinzu, dass sie als Tagelöhner in den Camps oder den angrenzenden Umgebungen Geld verdienen, um nicht ausschließlich von Hilfsgütern abhängig zu sein oder sich ausgewogener ernähren zu können. Durch die Lockdown-Maßnahmen fällt für viele Menschen dieses Geld nun weg.
In diesen und weiteren Camps ist Malteser International tätig
Worin besteht die Gefahr bei einem Corona-Ausbruch in Flüchtlingscamps?
Bricht das Coronavirus in einem Flüchtlingscamp aus, ist aufgrund der mangelhaften Lebensbedingungen eine Eindämmung kaum mehr möglich. Verschiedene Faktoren führen dazu, dass im Falle eines Ausbruchs mit einer humanitären Katastrophe gerechnet werden muss:
- Eine wirksame Durchsetzung von Schutzmaßnahmen, wie die Einhaltung eines Mindestabstands (Social Distancing), regelmäßiges Händewaschen oder die Isolation von Infizierten und Verdachtsfällen, ist angesichts der Überfüllung und der Hygienezustände nahezu unmöglich.
- Gerade in großen Camps ist es nicht möglich, exakt zu kontrollieren, wer Zugang hat und ob es sich dabei um Campbewohner oder Menschen von außerhalb handelt. Das Virus könnte sich somit unkontrolliert und unentdeckt weiterverbreiten.
- Weiterhin sind die ohnehin überlasteten Gesundheitseinrichtungen in den Camps nicht gegen einen Ausbruch des Coronavirus gewappnet. Es mangelt u.a. an Medikamenten, Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten. Personen mit akuten Symptomen könnten kaum angemessen behandelt werden.
Wie gehen die Flüchtlinge und intern Vertriebenen mit der Situation um?
Die Bedrohung durch die Pandemie führt in den Camps zu ganz unterschiedlichen Reaktionen unter den Bewohnern. „Als in der Nähe der Camps in Bangladesch zu Beginn der Coronakrise ein Fall von COVID-19 bekannt wurde, wuchs dort verständlicherweise die Unsicherheit und Frustration, zu Panik kam es jedoch noch nicht. Durch den Lockdown in Bangladesch sind viele Flüchtlinge zur Zeit verzweifelt. Viele wissen nicht, wie sie ihre Familien angemessen versorgen können“, berichtet ein Malteser International Mitarbeiter in Bangladesch.
In den Camps in Thailand, Nigeria und Uganda, in denen wir tätig sind, berichten unsere Mitarbeiter, dass sich dank verschiedener Informationskampagnen immer mehr Menschen der Gefahr des Virus bewusst sind und versuchen, sich so gut es geht durch Schutzmaßnahmen vor einer Ansteckung zu schützen.
Im Nordwesten Syriens falle es hingegen manchen Vertriebenen in den Camps noch schwer, dem Coronavirus – angesichts des Leids und der Krisen, welche sie durch den jahrelangen Krieg durchleben mussten – die nötige Aufmerksamkeit zu schenken.
Schutz- und Hygienemaßnahmen gegen das Coronavirus in Camps
Malteser International setzt sich als internationale Hilfsorganisation dafür ein, die Flüchtlingscamps und deren Bewohner auf einen Ausbruch des Coronavirus bestmöglich vorzubereiten. Dafür werden vorbeugende Hygiene- und Schutzmaßnahmen getroffen und Gesundheitseinrichtungen mit dem nötigen Equipment ausgerüstet. Weil in den Regionen, in denen wir arbeiten, die Testmöglichkeiten durch fehlende Labore äußerst limitiert und in Camps kaum vorhanden sind, sind präventive Maßnahmen umso wichtiger.
Verbesserung der hygienischen Zustände und Stärkung der Gesundheitseinrichtungen
Um der Pandemie entgegenzuwirken, ist es essentiell, die hygienischen Zustände in den Flüchtlingscamps zu verbessern und die Kapazitäten der medizinischen Einrichtungen zu stärken. Wir rüsten daher Gesundheitseinrichtungen mit Medikamenten, Schutzausrüstungen, Desinfektionsmitteln und weiterem Equipment aus, schulen das Gesundheitspersonal, installieren Handwaschstationen und richten Isolationsstationen ein. Ebenso verteilen wir an die Geflüchteten Hygieneartikel wie Seife und setzen uns für eine stetige Verbesserung des Zugangs zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen ein.
Sensibilisierung für das Coronavirus
Weiterhin ist es eine unserer Kernaufgaben, das Bewusstsein für COVID-19 zu stärken und die wichtigsten Informationen an Bewohner der Flüchtlingscamps zu kommunizieren. Auch wenn das Coronavirus die Camps noch nicht erreicht hat, werden die Bewohner durch unsere Helfer vor Ort in Sicherheitsmaßnahmen wie dem richtigen Händewaschen, Abstandsregeln usw. unterrichtet.
Zum Teil besucht das Personal einzelne Haushalte, um die Menschen für das Thema zu sensibilisieren. Darüber hinaus werden verschiedenste Kommunikationswege genutzt, um die Bewohner zu erreichen: zum Beispiel Poster, Flugblätter, Broschüren oder die sozialen Medien. In der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan werden Informationen beispielsweise auch über Radio Shows oder Lieder weitergegeben.
Schutz und Schulung der Helfer
Natürlich ist es auch bei den Helfern in den Flüchtlingscamps unverzichtbar, dass entsprechende Schutzvorkehrungen getroffen werden. Wir stellen den Gesundheitseinrichtungen wichtige Hilfsmittel wie Masken, Handschuhe und Desinfektionsmittel zur Verfügung, um das Übertragungsrisiko zu reduzieren. Darüber hinaus werden die Mitarbeiter von Partner-Hilfsorganisationen und freiwillige Helfer ausgiebig im Infektionsschutz (infection prevention and control, kurz IPC) geschult und über die Verbreitungswege des Coronavirus informiert. Zum Training gehören beispielsweise Anweisungen zum korrekten Händewaschen und zum angemessenen Umgang mit den Bewohnern. So werden die Helfer angehalten, Social Distancing zu praktizieren, Körperkontakt und große Gruppen zu vermeiden, immer Desinfektionsmittel mit sich zu führen und Masken zu tragen.
Umgang mit Neuankömmlingen und Besuchern
Neuankömmlinge, Besucher oder Menschen, die außerhalb der Camps waren, werden, soweit es möglich ist, an den Eingängen abgefangen und auf mögliche Symptome untersucht. In den Camps in Thailand zum Beispiel durchlaufen die betroffenen Personen dann eine 14-tägige Quarantäne in speziell dafür eingerichteten Bereichen innerhalb der Camps. Derartige Quarantänezonen sind leider nicht in allen Flüchtlingscamps gegeben oder können nur begrenzte Personenanzahlen aufnehmen. Auch die Kontrolle des Zugangs zu den Camps ist nur bedingt möglich.
Die Menschen in den Flüchtlingscamps sind auf Ihre Spende angewiesen
Durch die unzureichende Infrastruktur und die Zustände in den Flüchtlingscamps sind wir dringend auf Ihre Hilfe angewiesen. Es gilt das Schlimmste - einen flächendeckende Ausbreitung des Virus in den Camps - zu verhindern.
Mit Ihrer finanziellen Unterstützung können wir uns wirksam gegen die Ausbrüche wappnen und Schadensbegrenzung betreiben. Unterstützen Sie uns mit Ihrer Spende, damit wir die Helfer sowie die Bewohner der Camps mit dem nötigen medizinischen Equipment, Schutzausrüstungen, Seifen und Desinfektionsmitteln versorgen können.
Spenden Sie für die internationale Coronahilfe von Malteser International und helfen Sie uns dabei, Menschenleben zu retten!