Nigeria: Ein sicherer Ort für die Frauen und Mädchen im Flüchtlingscamp
„Die Fallbearbeiterin hatte ein offenes Ohr und beriet mich. Danach wurde ich zu einem dreimonatigen Qualifizierungskurs angemeldet, in dem ich lernte, wie man Taliya, eine lokale Gebäckspezialität, herstellt“, berichtet Yakaka (Name geändert). Mit den Einnahmen aus dem Verkauf in der Nachbarschaft kann die Mutter von vier Kindern sich und ihre Familie ernähren.
Vor sieben Jahren floh die 30-Jährige mit ihrer Familie vor der Gewalt in ihrer Heimatgemeinde. Seitdem lebt sie im Camp Mashamari im Borno State im Nordosten Nigerias. Die Sicherheitslage in der Region ist in den vergangenen Jahren zunehmend schlechter geworden. Immer wieder verübt die islamistische Terrororganisation Boko Haram Angriffe auf die Bevölkerung. Die Auswirkungen sind verheerend: Immer mehr Menschen verlieren ihre Lebensgrundlagen. Rund 4,4 Millionen leiden nach Angaben des World Food Programmes akut unter Hunger, mehr als zwei Millionen Menschen befinden sich wie Yakaka im eigenen Land auf der Flucht.
„In diesem instabilen Umfeld ist es für die Gesellschaft schwierig, ihre schwächsten Mitglieder zu schützen“, sagt Istvan Toth, Länderreferent für Nigeria bei Malteser International. Immer wieder richtet sich die Gewalt insbesondere gegen Frauen und Mädchen und auch innerhalb der Familien und Gemeinden selbst kommt es zu Übergriffen. Malteser International kümmert sich im Nordosten Nigerias seit dem Jahr 2017 um die Versorgung der Geflüchteten sowie der lokalen Gemeinden mit sauberem Trinkwasser.
Fallmanagement, psychosoziale Unterstützung, Trainings
Seit zwei Jahren betreiben die Malteser zudem zwei sogenannte Safe Spaces in Camps für Geflüchtete, in denen zwischen 30 und 50 junge Frauen und Mädchen Angebote wie ein persönliches Fallmanagement und psychosoziale Unterstützungsmaßnahmen in Anspruch nehmen können. Außerdem werden hier Trainings angeboten, die den Frauen den Erwerb von Fähigkeiten ermöglichen, mit denen sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Ziel des Projekts ist es, benachteiligten und gefährdeten Überlebenden von geschlechtsspezifischer Gewalt neue Chancen zu eröffnen. Für viele Mädchen und junge Frauen in den Camps ist es eine der wenigen Möglichkeiten, sich weiterzubilden und eine Perspektive für eine selbstbestimmte Zukunft zu erarbeiten: „Wir haben immer mehr Nachfrage, als es Plätze gibt“, so Toth.
Auch Yakaka hat im Safe Space der Malteser die Herstellung ihrer Produkte gelernt. Sie selbst wurde von ihrem Ehemann regelmäßig missbraucht und geschlagen. Mit ihrem kleinen Unternehmen ist sie heute finanziell unabhängig und kann ihre Familie und ihren Mann unterstützen. Die Beziehung zu ihm hat sich seitdem deutlich verbessert. Jeden Donnerstag informiert Yakaka als Freiwillige die Familien in der Gemeinde über die Folgen von geschlechtsspezifischer Gewalt. So wurde sie selbst auf das Angebot aufmerksam: „Bevor ich zum Safe Space kam, hatte ich keine Hoffnung. Jetzt habe ich neue Fähigkeiten und Hoffnung.“
(Mai 2023)