Am Rande Kolumbiens: Neue Perspektiven für venezolanische Geflüchtete und indigene Gemeinden
Bis zum Eintritt der multiplen Krisen in Venezuela 2014 lebte Jairo Epiayu ein sorgenfreies Leben. Jairo ist heute 38 Jahre alt. Gemeinsam mit seiner Frau Simona hat er sechs Kinder. Sie gehören der indigenen Gemeinschaft der Wayuu an, die auf der Halbinsel La Guajira beheimatet ist. Wenngleich die Halbinsel durch die nördlichen Landesgrenzen Venezuelas und Kolumbiens geteilt wird, so verstehen sich die Wayuu als Volk ohne Grenzen.
So wurde Jairo zwar in Kolumbien geboren, aber er zog schon früh auf den venezolanischen Teil der Halbinsel.
„Früher habe ich viele Stunden am Tag hart gearbeitet“, erzählt Jairo von den besseren Zeiten in Venezuela. „Ich habe Kühe gemolken und 600 Bolivar erhalten. Das hat zum Leben gereicht und ich konnte meine Familie ernähren.“
Venezuela 2014: Humanitäre Krise zwingt auch tausende Wayuu in die Flucht
Der venezolanische Wirtschaftskollaps von 2014 machte sich für zahlreiche Menschen im ganzen Land mit einer Hungersnot, mit Krankheiten und Gewaltausbrüchen schmerzlich bemerkbar. Auch Jairo und seine Familie kämpften um ihr Überleben.
„Am Ende erhielt ich nur noch neun Bolivar für meine Arbeit. Eine achtköpfige Familie kann man damit längst nicht ernähren“, erklärt Jairo und erläutert seine Entscheidung Venezuela den Rücken zuzukehren und nach 30 Jahren zurück in das kolumbianische Gebiet der Wayuu zu gehen.
Vom Regen in die Traufe? Auch in Kolumbien fehlt es den Wayuu an dem Nötigsten
Aber auch in Kolumbien ist der Gesundheitszustand vieler Wayuu besorgniserregend. Die Region um die Guajira-Halbinsel ist von der kolumbianischen Wirtschaft größtenteils abgeschnitten. Den etwa 145.000 kolumbianischen Wayuu fehlt es an Grundnahrungsmitteln. Die Kindersterblichkeitsrate dieser Bevölkerungsgruppe ist besonders hoch. Allein im Jahr 2016 starben 81 Kinder aufgrund von Krankheiten, Mangelernährung und Dehydrierung. Lange Dürreperioden und unzureichende medizinische Versorgung erschweren die Situation der Wayuu.
Die wirtschaftliche Situation ist für Jairo aussichtslos, wie Jairo erklärt: „Ich finde einfach keinen Job. Und damit verdiene ich auch kein Geld, mit welchem ich für meine Familie sorgen kann. Das wäre alles was ich mir wünsche.“
Malteser International stärkt die Selbsthilfekapazitäten der Wayuu
Als eine der ersten Hilfsorganisationen arbeiten wir direkt mit venezolanischen Geflüchteten, Migranten, kolumbianischen Rückkehrern und der Aufnahmegesellschaft in der Grenzregion La Guajira zusammen.
„Gemeinsam mit der kolumbianischen Assoziation des Malteserordens und unseren Partnern erarbeiten wir Konzepte, um kurzfristig die Grundbedürfnisse der Neuankömmlinge zu befriedigen. Mithilfe produktiver Aktivitäten wollen wir die Ernährungssicherheit der Wayuu nachhältig erhöhen“, berichtet Jelena Kaifenheim, Referentin für Lateinamerika.
„Wir geben den indigenen Wayuu und den afro-kolumbianischen Gemeinden im Nordosten Kolumbiens Instrumente zur Selbsthilfe an die Hand. Im Bereich der Gesundheitsversorgung haben wir beispielsweise Gesundheitsstationen in abgelegenen Gemeinden errichtet. Unsere Partnerorganisationen sorgen für die medizinische Versorgung und verteilen unter anderem Hygienekits und Nahrungsergänzungsmittel an Migranten, Geflüchtete und marginalisierte Bevölkerungsgruppen. Wir versorgen und betreuen insbesondere unterernährte Kinder und schwangerer Frauen, was ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit ist. Zudem bilden wir Gesundheitspromotorinnen und -promotoren aus. Sie können Krankheiten in den Gemeinden frühzeitig erkennen, prävenieren und behandeln,“ erklärt sie.
Auch durch das Engagement von Malteser International und seiner Partner konnte dazu beigetragen werden, dass sich 2017 die Kindersterblichkeitsrate der Wayuu im Vergleich zum Vorjahr halbiert hat.
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