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„Als das Wasser kam, …“ - Jahrhunderflut in Pakistan

Von Fayyaz Shah, Malteser International Länderkoordinator in Pakistan

„Als das Wasser kam, hatten wir keine Zeit mehr, irgendetwas mitzunehmen. Unser ganzes Haus wurde geflutet. Einige Menschen in unserem Dorf ertranken oder starben, weil ihr Haus über ihnen einstürzte, als die Wassermassen durch das Dorf schossen. Mein Mann und ich retteten nur unser Leben. Alles andere, unser Vieh, unser Haus, unsere Besitztümer haben wir verloren.“

Ich treffe Veeru, eine ältere Dame, während meines Projektbesuchs in der Provinz Sindh im Südosten meines Heimatlandes Pakistan. Mehr als drei Monate sind bereits vergangen, seit die Flut ihr und Millionen weiteren Menschen alles nahm. Wir sitzen unter freiem Himmel in ihrem kleinen Dorf Adee Paro. Veeru trägt ein tiefblaues Gewand mit einem orangefarbenen Muster. Es hebt sich ab von dem hellbraunen, schlammigen Boden, der mit Geröll und Ästen überseht ist und auf dem Veeru und die anderen Dorfbewohnerinnen und -bewohner aus Planen und Pfählen behelfsmäßige Unterkünfte errichtet haben. Nicht weit entfernt glitzert das stehende Wasser in der Sonne. Noch immer ist ein großer Teil des Wassers nicht abgeflossen und stellt nun eine gefährliche Brutstätte für Moskitos und Krankheiten dar. „Eine alte Frau aus unserem Dorf ertrank in den Fluten. Wir wussten nicht, wo wir sie begraben sollten, weil wir keinen trockenen Ort fanden. Wir mussten auf einen Hügel außerhalb des Dorfs, um sie würdig bestatten zu können“. Ich höre etliche solcher Geschichten während meines Monitoring-Besuches in Sindh. Sie brechen mir das Herz und geben mir gleichzeitig einen wichtigen Einblick in das Ausmaß dieser Katastrophe, die eigentlich jegliche Vorstellungskraft versagen lässt. Es sind Geschichten des Klimawandels.

Es sind Geschichten des Klimawandels

Mehr als 1.700 Menschen verloren in Pakistan durch die Fluten ihr Leben – die meisten davon in den stark betroffenen Provinzen Sindh und Balochistan. Insgesamt sind rund 33 Millionen Menschen von diesen Überschwemmungen betroffen. In all den Jahren, die ich für Malteser International als Länderkoordinator in Pakistan arbeite, habe ich solch eine Flutkatastrophe noch nicht erlebt. Wir Pakistaner und Pakistanerinnen erleben gerade am eigenen Leib, welche Gefahr der Klimawandel für die Menschheit darstellt. Noch im Mai und Juni hatten wir in Teilen des Landes mit Extremtemperaturen von bis zu 50 Grad zu kämpfen. Gletscher schmolzen, Flüsse füllten sich. Heftige Monsun-Regenfälle brachten im Juli und August dann solch enorme Wassermassen mit sich, dass die Flüsse über die Ufer traten. Die trockenen Böden ließen das Wasser nicht versickern. Die dadurch entstehenden Sturzfluten und Erdrutsche zerstörten nicht nur Dörfer. Straßen, Brücken, Felder, Ernten, Vieh wurden mitgerissen. Die Menschen haben keinerlei Vorräte an Essen, auf die sie zurückgreifen können. Mit dem Vieh haben sie ihre Lebensgrundlage verloren. Viele Menschen schliefen wie Veeru wochenlang am Straßenrand unter offenem Himmel, wurden von Moskitos zerstochen, tranken dreckiges Wasser und hofften auf irgendeine Form der Hilfe. Pakistan allein kann die Folgen dieser Katastrophe nicht stemmen. Es braucht internationale Solidarität und Unterstützung. Ich bin froh, mit Malteser International und in Zusammenarbeit mit unserer lokalen Partnerorganisation, der Sindh Rural Support Organization (SRSO), wenigstens einem Bruchteil der betroffenen Menschen dringend benötigte Hilfe anbieten zu können.

 

Wir leisten Nothilfe und helfen beim Wiederaufbau

So auch Veeru: „Malteser International und SRSO erreichten uns, als wir keinen einzigen Rupee mehr hatten. Sie verteilten Nahrungsmittelpakte mit Mehl, Reis, Öl und Salz. Wir waren so dankbar, endlich Hilfe zu erhalten und die Kinder wieder ernähren zu können. Wir erhielten außerdem Wasserkanister und Wasseraufbereitungstabletten, Moskitonetze und Hygieneartikel. Ein mobiles medizinisches Team kam direkt zu uns in den Ort und errichtete für einige Tage ein Camp. Sie versorgten die Menschen kostenfrei und verteilten Medikamente. Das war solch eine Erleichterung für uns alle. Viele hatten bereits Malaria oder andere Krankheiten.“ Neben den Hilfsgütern und der medizinischen Versorgung, verteilten wir über unseren lokalen Partner außerdem Bargeld an Familien. Veeru erzählt mir, dass sie und ihre Nachbarn es für kleine Läden, neues Vieh und den Wiederaufbau der Häuser verwenden werden. Zu sehen, dass die Menschen in Pakistan weiter und Pläne für die Zukunft machen, erfüllt mich mit Hoffnung.

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