Katastrophenschutz an der Küste
„Der Tag, als mein Sohn bei einem Unfall starb, war der schlimmste in meinem Leben. Ich vermisse ihn noch immer schmerzlich.“ Aziz-u-nisa Sheikh aus Keti Bandar, einer Hafenstadt im Süden Pakistans, musste den wohl schlimmsten Schicksalsschlag erleben, der einer Mutter widerfahren kann. Doch anstatt nach dem Tod ihres Sohnes alle Hoffnung zu verlieren, setzt sie sich heute dafür ein, dass anderen Müttern ihr Schicksal erspart bleibt: als Katastrophenschützerin.
Naturkatastrophen sind große Bedrohung
Seit Aziz-u-nisa denken kann, lebte ihre Familie von der Landwirtschaft. Die Erträge waren nie riesig, aber es reichte zum Leben. So ging es vielen Menschen aus Keti Bandar. Die Stadt liegt im Süden der Provinz Sindh, eine der bevölkerungsreichsten und wirtschaftlich stärksten Provinzen Pakistans. Doch diese Wirtschaftskraft ist sehr ungleich verteilt: Große Teile der Landwirtschaft werden von Großgrundbesitzern kontrolliert, bei der Landbevölkerung kommt wenig bis nichts von den Profiten an. Für Azis-u-nisas Familie verschlimmerte sich die Lage noch, als in der Nähe ihrer kleinen Felder ein Staudamm gebaut wurde, woraufhin ihr Land von Meerwasser überflutet und für sie unbestellbar wurde. Ein weiteres, großes Problem in der Region sind die regelmäßig auftretenden Naturkatastrophen. Überflutungen, heftige Stürme und auch Erdbeben suchen Keti Bandar und die ganze Küste Pakistans oft heim. Trotz dieser Regelmäßigkeit hat die größtenteils in Armut lebende Bevölkerung keine Strategien entwickeln können, sich im Falle solcher Katastrophen zu schützen oder sich darauf vorzubereiten. Auch Aziz-u-nisa und ihre Familie wurde wiederholt Opfer solcher Katastrophen, die immer wieder das, was sie sich hart und fleißig erarbeitet hatten, zunichtemachten. Noch schlimmer: Bei jeder dieser Katastrophen verloren viele Menschen ihr Leben, weil die Bevölkerung nie gelernt hatte, sich auf diese Ausnahmesituationen vorzubereiten.
Trainings in Katastrophenschutz
Genau hier setzt unser Projekt zur Katastrophenvorsorge an: Wir führen gemeinsam mit der Organisation Pakistan Fisherfolk Forum für die Menschen vor Ort Trainings durch. Aziz-u-nisa ließ sich zur Trainerin ausbilden und hilft seitdem ihren Landsleuten dabei, sich besser auf Katastrophen vorzubereiten. Gemeinsam machen sie Pläne zur Katastrophenvorsorge und installieren Frühwarnsysteme, erarbeiten Strategien zur Evakuierung und machen sich in Erster Hilfe fit. Doch das ist nicht alles: Aziz-u-nisa schult die anderen auch darin, Strategien zu entwickeln, wie sie trotz Wegfall der Landwirtschaft ihren Lebensunterhalt bestreiten können. So soll sich die Gesamtsituation der Menschen im Süden Pakistans verbessern.
Katastrophenschutz schenkt Perspektive
Aziz-u-nisa ist jetzt die Hauptverdienerin in ihrer Familie und ist glücklich, dass sie trotz des schlimmen Schicksalsschlags, den sie erleiden musste, heute positiv in die Zukunft blicken kann: „Mein Job als Trainerin für Malteser International gibt mir nach der schlimmen Zeit der Trauer um meinen Sohn einen neuen Sinn. Ich helfe dabei, Leben zu retten und kann den Menschen in der Region eine neue Perspektive geben. Das macht mich stolz“, sagt Aziz-u-nisa lächelnd.