Gesundheitsdienste auf Rädern: Mobile Kliniken für Betroffene des Erdbebens in der Türkei
„Bei den meisten Fällen, mit denen wir zu tun haben, handelt es sich um Knochenbrüche und Amputationen, die während des Erdbebens entstanden sind. Dann gibt es natürlich auch einige Patientinnen und Patienten, die schon vor dem Erdbeben an chronischen Schmerzen oder Krankheiten litten. Leider sind in der türkischen Stadt Islahiye die öffentlichen Krankenhäuser zerstört. Unsere Physiotherapieangebote werden daher besonders benötigt“, berichtet Esraa Alagöz, Projektmanagerin bei der Independent Doctors Association (IDA), der türkisch-syrischen Partnerorganisation von Malteser International, die täglich mit ihren Kolleginnen und Kollegen in zwei mobilen Kliniken im Süden der Türkei zu den Patientinnen und Patienten fährt.
Das verheerende Erdbeben im Süden der Türkei und im Norden Syriens im Februar dieses Jahres, hat auch Monate später noch immer enorme Auswirkungen auf die Menschen, die in dem betroffenen Gebiet leben. Bis heute unterstützen wir unsere Partnerorganisationen in der Türkei und in Nordwestsyrien bei der Beschaffung von Hilfsgütern sowie bei der Gesundheitsversorgung der Menschen in den betroffenen Regionen.
Lücken insbesondere bei der medizinischen Versorgung in kleinen Gemeinden
In der Türkei war das Gesundheitssystem zunächst in der Lage, den Großteil der erdbebenbedingten Krankheitsfälle zu behandeln. Dazu wurden von der Regierung vier Krankenhäuser in den betroffenen Provinzen Hatay, Gaziantep, Kahramanmaras und Malatya eröffnet und medizinische Notfallteams entsandt, die in den ersten drei Wochen der Krise bei den Behandlungen halfen. In einigen kleineren Gemeinden in der Nähe des Epizentrums, wo die Einrichtungen der medizinischen Grundversorgung erheblich beschädigt sind und zunächst wieder reaktiviert werden müssen, bestehen jedoch weiterhin Lücken in der Versorgung der Menschen. Um diese zu schließen, werden mobile medizinische Teams als vorübergehende Lösung zur medizinischen Versorgung der Gemeinden eingesetzt.
Malteser International betreibt gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation IDA zwei mobile Kliniken in der Türkei, die kostenfreie primäre Gesundheitsdienstleistungen in den Orten Islahiye und Nurdağı, in der Provinz Gaziantep und ein Physiotherapiezentrum in Kilis in der türkischen Region Südostanatolien, anbieten.
Das Projekt wird von den Maltesern in Österreich finanziert und versorgt insgesamt mehr als 12.650 vom Erdbeben betroffene Menschen mit medizinischer Grundversorgung, psychosozialer Unterstützung und kostenfreien Medikamenten. Ziel ist es, den am stärksten betroffenen Gemeinden in den Gebieten der Südtürkei, die keinen Zugang zu öffentlichen Krankenhäusern haben, grundlegende Gesundheitsdienste, einschließlich medizinischer Grundversorgung und Medikamente, zur Verfügung zu stellen. Die Zielgemeinden mit dem größten Bedarf wurden von der Gesundheitsdirektion in Gaziantep ausgewählt.
Verletzungen und Traumata heilen
In der Provinz Kilis deckt das Projekt vor allem den Bedarf an physiotherapeutischer Unterstützung. „Physiotherapie spielt eine entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung und Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen nach einem Erdbeben. Sie hilft dabei Verletzungen zu behandeln, die Mobilität wiederherzustellen und die Unabhängigkeit zu fördern. Durch gezielte Übungen und Therapien unterstützt sie unter anderem die körperliche Genesung und verhindert Komplikationen“, berichtet Lena Schellhammer, Referentin für die Türkei bei Malteser International.
Darüber hinaus bieten die mobilen Kliniken den Betroffenen auch psychosoziale Unterstützung an. Noch immer kämpfen viele Menschen in der Region mit dem Trauma der Katastrophe.
Die mobilen Kliniken sind mit einem Team aus medizinischem Fachpersonal und Mitarbeitenden für psychosoziale Betreuung ausgestattet, die geschult sind, psychologische Erste-Hilfe-Maßnahmen anzubieten und Überweisungen für Bedürftige bereitzustellen. Besucher und Besucherinnen haben die Wahl zwischen Gruppen- oder Einzelgesprächen sowie speziellen Angeboten für Kinder.
Seit dem schweren Erdbeben in der Grenzregion zwischen der Türkei und Syrien konzentrieren sich die humanitären Hilfsleistungen der Malteser vor allem auf die Bereitstellung von Nothilfemaßnahmen in den betroffenen Gebieten. „Die Hilfe der internationalen Gemeinschaft wird auch weiterhin dringend benötigt. Die Bedarfe gehen weit über die aktuellen Hilfszusagen hinaus. Wir werden in der Türkei weiter den Fokus auf die Rehabilitationsmaßnahmen wie Physiotherapiebehandlungen und psychosoziale Unterstützung legen und gemeinsam mit unseren lokalen Partnern Unterstützung für die vom Erdbeben betroffenen Menschen leisten“, so Schellhammer.
Mai 2023