EN | DE | FR
Jetzt Spenden

Bekämpfung von Zoonosen am Beispiel des Rifttalfiebers

Ein Gastbeitrag von Dr. Bernard Bett, Senior Wissenschaftler für Tier- und Humanmedizin am International Livestock Research Institute (ILRI, Kenia) und Teamleiter beim One Health Research, Education and Outreach Centre in Afrika (OHRECA).

Der One-Health-Ansatz basiert auf dem Verständnis, dass die Gesundheit von Menschen, Haus- und Wildtieren sowie von Ökosystemen eng miteinander verknüpft ist. Er dient der Vorbeugung von neu auftretenden Infektionskrankheiten zoonotischen Ursprungs – also von Krankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden – und hilft dabei, Antibiotikaresistenzen zu vermeiden. Weitere Gesundheitsprobleme, die durch Unterernährung, Umweltverschmutzung und andere vernachlässigte Tropenkrankheiten verursacht werden, werden ebenfalls nach und nach unter dem Dach von One Health zusammengefasst und angegangen.

In der Praxis benötigt die Umsetzung des One-Health-Ansatzes immer ein auf die jeweilige Situation angepasstes Konzept. Dabei ist die Zusammenarbeit von Akteuren der Human-, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften zentral. Studien zeigen, dass es effizienter ist, zoonotische Krankheiten zu bekämpfen, solange sie nur bei Tieren auftreten. Die konsequente Umsetzung des One-Health-Ansatzes ermöglicht dabei eine frühzeitige Erkennung und Kontrolle der Krankheit sowie eine effiziente Nutzung von Ressourcen und hilft dabei, wirksame Lösungen für die Bekämpfung von Epidemien zu entwickeln. Am Beispiel des Rifttalfiebers stellen wir diesen Ansatz vor.

Einzelne Fälle finden, um Epidemien zu verhindern: Bessere Virus-Überwachung durch interdisziplinäre Teams

Die kontinuierliche systematische Beobachtung, Analyse, Interpretation und Berichterstattung von Gesundheits- und Infektionsdaten (Surveillance) des Virus ist die Grundvoraussetzung, um isolierte Krankheitsfälle bei Menschen oder Tieren sowie neue Ereignisse, die einen Anstieg der Fallzahlen auslösen könnten, frühzeitig zu erkennen. Die derzeit in unseren Projekten verwendeten Surveillance-Protokolle für das Rifttalfieber sind interdisziplinär angelegt und beruhen auf den Prinzipien des One-Health-Ansatzes:

Prognosen, um Zeiträume und geografische Regionen mit erhöhtem Ausbruchsrisiko zu ermitteln, werden anhand meteorologischer Daten erstellt, auf deren Grundlage die lokalen Gemeinschaften sensibilisiert werden, auftretende Anzeichen einer Infektion mit dem Rifttalfieber zu melden. Die zuständigen Mitarbeitenden der Veterinär- und Gesundheits-behörden haben dafür eine Falldefinition entwickelt, die eine Liste klinischer Symptome enthält: beispielsweise vermehrt auftretende Fehlgeburten bei Nutztieren oder Fieber und Gelbsucht bei Menschen. Werden Symptome wie diese oder Fälle gemeldet, reagieren die Surveillance-Teams und ziehen Labore zur Bestätigung der Diagnosen heran. Der One-Health-Ansatz verbessert dabei die Kommunikation, Koordination und Integration von Informationen über die Krankheit. Für eine noch bessere Surveillance sollten darüber hinaus auch Expertinnen und Experten anderer Disziplinen wie der Ökologie oder Landnutzungsplaner am Prozess beteiligt sein. So haben jüngste Forschungen gezeigt, dass auch Landnutzungs-änderungen, wie beispielsweise die Umwandlung von Weideflächen in bewässertes Ackerland und der Bau von Staudämmen, das Risiko für einen Ausbruch des Rifttalfiebers erhöhen, da die stehenden Gewässer die Ausbreitung der Moskitos begünstigen.

Ausbrüche bekämpfen und ihre Folgen mildern

Kommt es zum Ausbruch der Krankheit, gehören die Bekämpfung von Stechmücken, die Impfung von Nutztieren, Quarantäne für betroffene Betriebe und die Beschränkungen des Handels mit Nutztieren zu den wichtigsten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Rifttalfiebers. Auch hier unterstützt das One-Health-Konzept die Koordinierung, Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Sektoren, Fachleuten und Interessengruppen, um sicherzustellen, dass die Bekämpfungs-strategien zielgerichtet sind und die Ressourcen effizient eingesetztwerden. Tierärztinnen und -ärzte, die Impfungen von Nutztieren durchführen, benötigen beispielsweise die Unterstützung von Viehhaltern und Händlerinnen, die die Impfstoffe annehmen, Tiere für die Impfung zur Verfügung stellen und Quarantänemaßnahmen umsetzen müssen. Die Impfung von Nutztieren verringert die Ansteckungsgefahr für den Menschen und die Nahrungsmittelproduktion kann aufrecht erhalten werden.
 

Es muss jedoch noch mehr getan werden, um Epidemien zukünftig wirksam zu verhindern. So sollten beispielsweise Kommunikationsbeauftragte die Menschen über die Präventionsmaßnahmen aufklären, die sie ergreifen sollten, um sich selbst zu schützen. Politische Entscheidungsträgerinnen und -träger spielen in allen Phasen eine wichtige Rolle, da sie Vorschriften und Notfallfonds einrichten können, die zur Unterstützung von Maßnahmen erforderlich sind.

Neue Ausbrüche des Rifttalfiebers lösen angesichts der enormen gesundheitlichen und sozioökonomischen Belastung, die sie verursachen, große Besorgnis in der betroffenen Bevölkerung aus. Zusätzlich zur Eindämmung des Ausbruchs sollten daher immer auch Maßnahmen getroffen werden, die die wirtschaftliche Ungewissheit mildern und bei der Bewältigung der mit der Krankheit verbundenen psychologischen Folgen helfen können.

Das Rifttalfieber

Das Rifttalfieber wird durch ein Virus verursacht, das durch viele Stechmückenarten übertragen wird und sowohl Menschen als auch Nutz- und Wildtiere befallen kann. Erstmalig wurde es zu Beginn des 20. Jahrhunderts im gleichnamigen „Rift Valley“ in Kenia entdeckt, mittlerweile hat es sich in ganz Subsahara-Afrika ausgebreitet.

Menschen infizieren sich durch Mückenstiche, über Keime in der Luft oder wenn sie beispielsweise beim Schlachten kranker Tiere mit infiziertem Blut in Berührung kommen. Auch der Verzehr infizierter tierischer Produkte kann zu einer Ansteckung führen. Die Krankheit verursacht grippeähnliche Symptome, in seltenen Fällen kommt es zu einer tödlich verlaufenden Entzündung der Hirnhaut. Es gibt bislang keine Therapiemöglichkeiten. 

Problematisch ist das Rifttalfieber insbesondere für Tierherden, bei Jungtieren verläuft die Krankheit bei etwa 70 Prozent der Tiere tödlich, es kommt häufig zu Fehlgeburten.  Epidemien des Rifttalfiebers treten in bestimmten Ökosystemen nach anhaltenden Regenfällen und Überschwemmungen auf, bei denen sich Moskitos zu hohen Populationen vermehren und so die Übertragung des Virus verstärken.

Sektorübergreifende Forschung verbessern, institutionelle Zusammenarbeit fördern

Um neue Erkenntnisse über die Entstehung der Krankheit, ihre Risikofaktoren und die gesundheitlichen und sozioökonomischen Auswirkungen zu finden und neue Technologien zur Überwachung und Kontrolle der Krankheit zu entwickeln, ist es besonders wichtig, dass an der Forschung zum Rifttalfiber ebenfalls Expertinnen und Experten sowie Interessensvertretungen aus verschiedenen Bereichen und Disziplinen beteiligt sind.

Entomologinnen und Entomologen (Entomologie: Insektenkunde) werden beispielsweise benötigt, um die Biologie der Mücken, deren Verhalten und Reaktionen auf Umweltveränderungen zu untersuchen. Virologinnen und Virologen wiederum
müssen die Struktur, die Vielfalt und die Virulenzfaktoren des Virus bestimmen und die Faktoren untersuchen, die die Muster des Auftretens der Krankheit beeinflussen. Agrarwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler sowie Sozioökonominnen und -ökonomen berechnen die Auswirkungen und ermitteln die sozioökonomischen Triebkräfte der Krankheit – beispielsweise, wenn kranke Tiere dennoch verkauft und verzehrt werden. Meteorologinnen und Klimawissenschaftler bestimmen die Klimaschwellen, die eine verstärkte Virusübertragung auslösen.

Nicht zuletzt müssen weiterhin weiterhin institutionelle oder disziplinäre Hindernisse beseitigt werden, die oftmals die Einrichtung praktikabler One-Health-Partnerschaften verhindern. Ein häufiges Problem ist etwa, dass die verschiedenen Akteure mit unterschiedlichen Budgets arbeiten müssen, was Partnerschaften auf Augenhöhe erschwert. Daher ist es besonders wichtig, dass auch die finanziellen Vorteile für die verschiedenen Beteiligten aufgezeigt werden. Hilfreich wäre zudem die Evaluierung bestehender One-Health- Maßnahmen, um die Vorteile dieser Partnerschaften herauszuarbeiten.
So könnten die gewonnenen Erkenntnisse den Akteuren helfen, ihre Zusammenarbeit zu verstärken oder Lücken ermitteln, die geschlossen werden sollten.

Unterstütze unsere Projekte und helfe Menschen in Not!
Jetzt spenden