Im Rahmen einer zweitägigen Reise mit Stationen in Bagdad und Erbil besucht Außenminister Sigmar Gabriel am 21. April auch das Binnenflüchtlingslager Hassansham, in dem Malteser International mit einem seiner mobilen Gesundheitsteams zur Versorgung der aus Mossul vertriebenen Bevölkerung mit grundlegendsten medizinischen Diensten beigetragen hat. Auf Anfrage der Weltgesundheitsorganisation und in Zusammenarbeit mit der lokalen Partnerorganisation DAMA, konnte Malteser International dort seit Januar 2017 über 10.000 Behandlungen durchführen.
Der Ministerbesuch findet zur Hochphase der militärischen Auseinandersetzung zwischen Regierungstruppen und IS-Miliz um die Millionenstadt Mossul statt, deren humanitären Auswirkungen die internationale Gemeinschaft an ihre Grenzen bringt. In einem der Dörfer in der unmittelbaren Umgebung Mossuls, in dem kaum ein Haus unbeschädigt geblieben ist, äußert Gabriel sein Entsetzen: „Da ist man als ein Mensch, der aus einer friedlichen Gesellschaft kommt, erst einmal total schockiert.“
Seit Beginn der Militäroffensive vor sechs Monaten haben bereits eine halbe Million Zivilisten ihr Zuhause verlassen. Viele von ihnen haben Zuflucht in Lagern wie Hassansham gefunden, tausende weitere Familien leben unter prekären Bedingungen in informellen „settlements“ oder in privaten Unterbringungen. Malteser International setzt sich dort seit 2014 mit mehreren Gesundheitszentren und mobilen Kliniken für die Basisgesundheitsversorgung der Binnenvertriebenen ein.
Doch gleichzeitig wächst die Sorge um die über 500.000 Menschen, die derzeit noch im umkämpften West-Mossul und den umliegenden Dörfern eingeschlossen sind. Als Resultat der mittlerweile zwei Jahre andauernden Besetzung durch die IS-Miliz mangelt es den Menschen dort an lebenswichtigen Gütern: Nahrung, Wasser und Medikamente werden immer knapper. Berichte über mutwillige Zerstörung ziviler Infrastruktur einschließlich Trinkwassernetzen und Gesundheitseinrichtungen durch die im Rückzug befindliche IS-Miliz sorgen für zunehmende Besorgnis um den Gesundheitszustand der Bevölkerung. Die Dringlichkeit umfassender Hilfen für die in den Gebieten eingeschlossene Bevölkerung wird noch verstärkt durch die rapide steigenden Zahlen von akuten Durchfallerkrankungen bei Kindern, die es in den vergangenen Tagen geschafft haben, aus diesen Gebieten zu flüchten. Derzeit mobilisieren daher die humanitären Organisationen ihre Kräfte, um verletzte und erkrankte Zivilisten zu behandeln und die nötigsten Hilfsgüter nach West-Mossul und in die Umgebung zu liefern.
„Zurzeit sind unsere Nothilfemaßnahmen auf Binnenflüchtlinge ausgerichtet, die innerhalb und außerhalb der zahlreichen Camps in verhältnismäßig sicheren Gebieten untergekommen sind. Gleichzeitig müssen wir aber auch darauf hinarbeiten, diejenigen zu erreichen, die es nicht aus den umkämpften Gebieten herausgeschafft haben und in ihrer Heimat geblieben sind, besonders in der Stadt Mossul“, so Stefan Jansen, Country Representative für Malteser International im Irak.
Malteser International trägt daher bereits jetzt zur Grundversorgung der Zivilbevölkerung in und um Mossul durch die Verteilung lebensrettender Haushalts- und Hygieneartikel für 2.000 Familien mit Geldern der Europäischen Kommission bei. In den kommenden Wochen nehmen Malteser Gesundheitsspezialisten an Bestandsaufnahmen der medizinischen Einrichtungen in Mossul teil, um möglichst schnell Wege zur Unterstützung der dort verbliebenen Mediziner und Krankenschwestern zu finden.