Das Leben im Flüchtlingscamp bei Cox’s Bazar
Das Flüchtlingscamp Kutupalong nahe der Küstenstadt Cox’s Bazar in Bangladesch ist als das zurzeit größte Flüchtlingscamp der Welt bekannt. Das sogenannte Megacamp setzt sich aus mehreren zusammenhängenden Camps zusammen, die mehr als 600.000 Menschen umfassen. Nimmt man die weiteren Camps in der Region hinzu, beläuft sich die Zahl auf insgesamt über 900.000 Geflüchtete in Bangladesch - fast ausschließlich Angehörige der Volksgruppe der Rohingya. Sie sind vor Gewaltausbrüchen und Diskriminierungen im Nachbarstaat Myanmar geflohen. Die Flüchtlingscamps, die zusammengenommen mehr Einwohner als Frankfurt am Main haben, sind an ihren Belastungsgrenzen angelangt. Den Menschen fehlt es an Nahrung, sauberem Wasser, Sanitäranlagen und medizinischer Versorgung. Weitere Krisen, wie Überschwemmungen oder Brände, verschlimmern zudem regelmäßig die ohnehin schwierige Lebenssituation der Menschen.
Organisation eines Flüchtlingscamps
Die Flüchtlingscamps in Bangladesch, die häufig unter dem Namen Kutupalong zusammengefasst werden, werden von den Vereinten Nationen (UN) zusammen mit der bangladeschischen Regierung geleitet. Um möglichst effektiv Hilfe leisten zu können, sprechen sich die humanitären Organisationen unter dem Dach der UN in thematischen Arbeitsgruppen ab. In diesen sogenannten Clustern stellen die Helferinnen und Helfer sicher, dass die Flüchtlinge ausreichende Unterstützung in den Bereichen Ernährung, Sicherheit, Wasser und Hygiene oder auch Bildung bekommen. Die Organisationen, die innerhalb eines Clusters zuständig sind, koordinieren ihre Aktivitäten untereinander. So können sie sicherstellen, dass die im Flüchtlingscamp lebenden Menschen möglichst flächendeckend erreicht werden und kein Ungleichgewicht in der Versorgung entsteht.
In Bangladesch versorgen wir zusammen mit unserem lokalen Partner Gonoshasthaya Kendra (GK) die Flüchtlinge vor allem gesundheitlich. Gemeinsam unterhalten wir Gesundheitsstationen, in denen wir die Menschen medizinisch und psychologisch betreuen. Kleinkinder und Mütter untersuchen wir darauf, ob sie unterernährt sind und geben ihnen gegebenenfalls regelmäßig Zusatznahrung. Durch unsere Hygieneschulungen versuchen wir die Ausbreitung von Krankheiten einzudämmen.
Unterkunft im Flüchtlingscamp
Bei der Ankunft im Flüchtlingscamp bei Cox’s Bazar werden die Menschen an einer zentralen Stelle registriert und erhalten einen Camp-Ausweis, den sie immer bei sich tragen müssen. Außerdem bekommen sie Baumaterial für eine Unterkunft. Das sind in der Regel Bambus und Plastikplanen. Diese Behausungen sind dementsprechend karg und einfach. Privatsphäre oder Sicherheit für den wenigen Besitz, den die Menschen aus Myanmar mitbringen konnten, gibt es nicht. Jeweils eine Familie teilt sich diese Art der provisorischen Unterkunft.
Wasser- und Sanitärversorgung
Die Wasser- und Sanitärversorgung wird im Flüchtlingscamp Kutupalong durch das entsprechende UN-Cluster geregelt. Da das Camp sehr schnell sehr groß wurde, gibt es Defizite, sowohl in der Quantität, als auch in der Qualität. Latrinen und Brunnen wurden teilweise nebeneinander errichtet, so dass das Trinkwasser an diesen Stellen verunreinigt wird. Die sanitären Anlagen wurden außerdem nicht flächendeckend verteilt. Manche Anlagen stehen direkt nebeneinander, dafür gab es an anderen Stellen lange einen enormen Bedarf. Die Latrinen sind eine Art Sickergrube, die umspannt sind mit Planen, die wiederum von Bambusstöcken gestützt werden. Wenn eine Sickergrube voll ist, muss irgendwo eine neue Latrine errichtet werden.
Auch einige Jahre nach dem Zustrom der Flüchtlinge ist die Wasser- und Hygienesituation problematisch und unzureichend. Hauterkrankungen sind u.a. die Folge.
Medizinische Versorgung im Flüchtlingscamp
Die meisten Flüchtlinge erreichten Bangladesch in einem sehr schlechten Gesundheitszustand. Schon vor ihrer Flucht aus Myanmar wurden die Menschen diskriminiert und ausgegrenzt und hatten kaum Zugang zu Ärztinnen und Ärzten oder Kliniken. Die Enge der Flüchtlingscamps und die unzureichende Versorgung mit sauberem Wasser fördern die Verbreitung von Krankheiten. Zusätzlich sind viele Menschen durch die Flucht und die ihnen angetane Gewalt traumatisiert und benötigen psychosoziale Unterstützung.
Den Geflüchteten stehen Gesundheitsstationen innerhalb des Camps zur Verfügung. In diesen Stationen, von denen wir in Zusammenarbeit mit unserer Partnerorganisation derzeit drei unterhalten, bekommen die Menschen eine grundlegende medizinische Versorgung. Dazu gehören zum Beispiel die Behandlung von Infektionskrankheiten und Wunden. Unterernährte Kleinkinder und Schwangere bekommen Zusatznahrung, die Frauen werden von uns während der Schwangerschaften und Geburten betreut. Außerdem können die Geflüchteten in den Stationen psychologisch beraten werden, um ihre Traumata von Flucht und Gewalt aufarbeiten zu können.
Die Gesundheitsstationen sind allerdings meist nur für eine Basisgesundheitsversorgung ausgestattet. Alle komplizierteren Fälle müssen durch das dortige Personal an nahegelegene Kliniken überwiesen werden. Im Augenblick sind die Mitarbeitenden noch nicht in der Lage, alle im Camp lebenden Menschen zu erreichen und zu versorgen. Hier besteht ein großer Bedarf an zusätzlichen Einrichtungen, Personal und medizinischem Equipment.
Versorgung mit Nahrungsmitteln
Der durchschnittliche Bedarf eines Erwachsenen an Lebensmitteln liegt laut World Food Program bei 2.100 Kalorien am Tag. Das ist das Minimum, damit die Menschen kein Gewicht verlieren. Die Rationen, die im Camp verteilt werden, bestehen in der Regel aus Reis, Öl und Bohnen.
Jedoch fehlen bei der Basisnahrung wichtige Nährstoffe, wie Vitamine und Proteine. Der Bedarf könnte allerdings nur durch zusätzliches Gemüse, Obst, Fisch oder Fleisch gedeckt werden. Da die Flüchtlinge jedoch kaum Möglichkeit haben, in der Enge des Camps selbst Obst oder Gemüse anzubauen oder Geld zu verdienen, können sie sich nicht mit zusätzlichen Lebensmitteln versorgen. Sie sind nahezu vollständig auf die Unterstützung durch Hilfsorganisationen angewiesen.
Von der Mangelernährung besonders betroffen sind werdende Mütter, Stillende oder Kleinkinder. Zwar verteilen wir an bedürftige Schwangere und Kleinkinder zusätzliche Nahrung, aber der tatsächliche Bedarf ist viel größer als unsere derzeitigen Kapazitäten abdecken können. Um die Programme ausweiten und noch mehr Menschen erreichen zu können, fehlen uns derzeit leider die finanziellen Mittel.