Dieses Projekt ist abgeschlossen.
Schaffung langfristiger Entwicklungsmöglichkeiten im Irak
Unsere Projektgebiete Sinjar, Talafar, Telkief und Hamdaniya im Gouvernement Ninewa im Irak werden von einer Vielzahl verschiedener ethnisch-religiöser Bevölkerungsgruppen bewohnt: Jesiden, Turkmenen, Shabak, Christen, Kakai, Kurden, arabische Schiiten und Sunniten. Während der kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Islamischen Staat (IS) wurde die Mehrheit dieser Gruppen aus der Gegend vertrieben. Eine Vielzahl von Dörfern wurde zerstört.
Seit 2018 setzen wir uns für den Wiederaufbau in der Region ein und schaffen Zukunftsperspektiven für die rückkehrende Bevölkerung. Mit diesem Folgeprojekt des Ninewa-Rückkehrprogramms möchten wir sicherstellen, dass die Menschen nachhaltige und langfristige Perspektiven in ihren alten Heimatregionen finden. Dafür arbeiten wir mit unseren lokalen Partnerorganisationen Doctors Aid Medical Activities (DAMA) und Women Rehabilitation Organisation (WRO) an einem umfassenden Ansatz, der auf die Schaffung sicherer Einkommensmöglichkeiten, die Förderung des sozialen Zusammenhalts sowie Zugang zu hochwertiger Gesundheitsversorgung und Reha-Dienste abzielt – mit Fokus auf die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen.
Im Juni 2014 rief der Islamische Staat im Irak das Kalifat aus. Die andauernde Militärkampagne führte zu einer massiven Vertreibung der Bevölkerung innerhalb und außerhalb des Iraks. Der Befreiungskrieg zwei Jahre später verursachte weitere massive Zerstörungen. Mit dem im Dezember 2017 erklärten Sieg über den IS begann dann die Phase des Wiederaufbaus und der Rückkehr von Vertriebenen in ihre Heimatregionen. Diese dauert bis heute an, wird jedoch immer wieder durch sich verändernde Dynamiken beeinträchtigt und verlangsamt.
Nach wie vor benötigen 4,1 Millionen Menschen (10 % der Gesamtbevölkerung) im Irak humanitäre Hilfe (Stand 2021). Mehr als 1,3 Millionen Menschen sind nach wie vor vertrieben, mehr als die Hälfte von ihnen seit mehr als drei Jahren. Dennoch ist in den vergangenen Jahren die Zahl der offiziellen Flüchtlingscamps landesweit zurückgegangen. Die Regierung schließt die Camps zügig, wodurch viele Binnenvertriebene, die nicht in ihre Heimatorte zurückkehren können, unter Druck gesetzt werden. Zum Beispiel droht denjenigen, denen eine Zugehörigkeit zum IS nachgesagt wird, die Ablehnung ihrer Heimatgemeinden und eine weitere Vertreibung.
Das Gouvernement Ninewa, in dem 1,35 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, steht ebenso vor großen Herausforderungen und Versorgungslücken. In der Ninewa-Ebene lebt ein Drittel der ethnisch-religiösen Minderheiten des Iraks, darunter Christen, Jesiden, Kurden, Turkmenen, Schabaken, Kakai sowie arabische Schiiten und Sunniten. Während der IS-Herrschaft wurden neben der Gewalt, die insbesondere den religiösen Minderheiten angetan wurde, auch ihre Lebensgrundlagen zerstört– ihre Unternehmen, landwirtschaftlichen Betriebe und Viehzuchtanlagen, Gemeindezentren und Gesundheitseinrichtungen. Die Rückkehr in die Ninewa-Ebene ging lange Zeit nur langsam voran. Die Gründe dafür liegen in der besorgniserregenden Sicherheitslage, der politischen Instabilität, der massiven Schäden an der Infrastruktur und im Mangel an Einkommensmöglichkeiten und Unterkünften für die Menschen. Dennoch verzeichnen jüngste Berichte einen steigenden Rückkehr-Trend. Der Bedarf an Maßnahmen, die Vertrauen und Zusammenhalt in der Bevölkerung schaffen und neue Konflikte verhindern, ist folglich groß.
Ein Fokus sollte dabei auf der Jugend liegen: Viele der Jugendlichen im Irak konnten während der IS-Herrschaft und im Befreiungskrieg nicht Kind sein und haben zudem nur eine sehr eingeschränkte Bildung genossen. Gerade die jüngere Bevölkerung ist zudem mit hoher Arbeitslosigkeit konfrontiert. Jugendliche werden heute oft an den Rand gedrängt, von gemeinschaftlichen Entscheidungsmechanismen und Arbeitsmöglichkeiten ausgeschlossen. Diese Gegebenheiten bilden einen gefährlichen Nährboden für neue Konflikte. Dabei steckt gerade in der jungen Bevölkerung das Potenzial, zu überzeugenden Akteuren des positiven Wandels zu werden, sofern sie in Prozesse eingebunden und gefördert werden.
Wir möchten eine dauerhafte und menschenwürdige Rückkehr der Vertriebenen in die Gebiete Sinjar, Talafar, Tilkief und Hamdaniya sicherstellen und setzen uns für Einkommensmöglichkeiten, sozialen Zusammenhalt sowie Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung und Reha-Diensten ein. Unser Fokus liegt dabei auf den schwächsten Mitgliedern der Bevölkerung.
Unser Zielszenario sieht wie folgt aus:
- Die Mitglieder der Gemeinden können sich selbst versorgen und haben ein höheres Einkommen, da ihre Fähigkeiten zur Sicherung ihres Lebensunterhalts gestärkt wurden. Außerdem leben die Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionszugehörigkeit friedlich und harmonisch zusammen.
- Der Zugang, die Qualität und Effizienz grundlegender und umweltfreundlicher Gesundheitsdienste haben sich durch die Instandsetzung der Gesundheitsinfrastruktur und die Förderung von Personal und institutionellen Kapazitäten in den unterversorgten Bezirken Sinjar und Talafar verbessert.
Unser umfassendes Angebot an Aktivitäten soll einen lebendigen und friedlichen Alltag in der Region ermöglichen, damit sich die Rückkehrerinnen und Rückkehrer dort wieder einleben und neu zurechtfinden können. Die Projektaktivitäten umfassen u.a. die folgenden Maßnahmen:
Wiederaufbau:
- In Talafar sanieren wir eine Kinderkrankenstation und bauen ein neues Reha-Zentrum.
- In Sinjar planen wir den Wiederaufbau einer Basisgesundheitsstation.
Einkommenssicherung:
- Wir bieten Ausbildungskurse in Friseurhandwerk, Handywartung, landwirtschaftlichen Techniken (Ackerbau und Viehzucht), Unternehmensführung und Kochkurse an.
- Wir helfen kleinen und mittelgroßen Unternehmen bei ihrem Neustart.
- Wir organisieren jährliche Agrarmärkte.
- Wir sanieren landwirtschaftliche Produktionsmittel wie Gewächshäuser, Geflügelfarmen usw. und erneuern Bewässerungssysteme für die Landwirtschaft.
Friedliches Zusammenleben:
- Wir sanieren und eröffnen Gemeinschaftsflächen, die ein Zusammenkommen und Austausch aller ethno-religiösen Gruppen ermöglichen.
- Wir schulen NGO-Mitarbeitende im Do-No-Harm-Ansatz und im Umgang mit Traumata.
- Wir ermutigen Frauen und Männer zur Teilnahme an interkulturellen Aktivitäten und Veranstaltungen.
- Wir bilden Community-Mediatoren und -Mediatorinnen in Konfliktprävention aus.
Länderinfos
Hauptstadt: Bagdad
Fläche: 437.072 km²
Bevölkerung: ca. 41,1 Millionen
Projektdaten
Partner: Doctors Aid Medical Activities (DAMA), Women Rehabilitation Organisation (WRO)
Geber: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)