Müllsammlerin Nani in Indonesien
Frauen-Empowerment und Umweltschutz durch unser Womenpreneurs4Plastic-Projekt
Die 48-jährige Nani hat sich einen halben Tag frei genommen. Zusammen mit ihrer kleinen sechsjährigen Tochter Eca sitzt sie auf dem Beifahrersitz unseres Projektautos und zeigt uns die Orte ihrer täglichen Arbeit. Jedes Mal, wenn wir das Auto verlassen, kommt uns ein unerträglicher Gestank entgegen und Hunderte von Fliegen umschwirren uns. Wir, die Leiterin der Asienabteilung bei Malteser International und eine kleine Gruppe von Mitarbeitenden der lokalen Partnerorganisation YEU, sind in Zentral-Sulawesi in Indonesien unterwegs und schauen uns die Projekte an, die Malteser International gemeinsam mit YEU umsetzt.
Nani ist informelle Müllsammlerin. Seit mehr als 10 Jahren sucht sie auf der Mülldeponie, zusammen mit ihrem Mann und ihren sechs Kindern, nach verwertbarem Müll, vor allem Plastik. Denn das kann sie an sogenannte „Waste Collectors“, Mittelsmänner, verkaufen, die es dann gewinnbringend weiterverarbeiten.
Zusammen mit ihrem Mann verdient Nani im Monat etwa 2 Millionen Indonesische Rupiahs – umgerechnet ca. 133 Euro. Damit liegt die 8-köpfige Familie weit unter dem in der Region Zentral-Sulawesi geltendem Existenzminimum von 30 Euro pro Person. Das Überleben ihrer Familie kann sie nur sichern, da sie einen kleinen Küchengarten mit Tomaten, Maniok, Spinat und Moringa hat, der sie mit wichtigen Lebensmitteln versorgt.
Nanis Einsatz für die Rechte und bessere Lebensbedingungen von Müllsammlerinnen
Stolz erzählt Nani, dass ihre Familie – alle werden miteingespannt – 40 Säcke Plastikmüll in ungefähr zehn Tagen sammelt. Frustriert ist sie jedoch, dass die Mittelsmänner meistens unfaire Preise an sie und die anderen informellen Müllsammlerinnen zahlen und sogar häufig ihre schwierige Lage ausnutzen. Sie bieten den Frauen hohe Wucherkredite an, durch die sich verschulden.
Erst vor wenigen Monaten hat Nani von dem Projekt „Womenpreneurs4Plastic“ gehört, das YEU durchführt – mit der Unterstützung durch Malteser International und das Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). „Mir war sofort klar, dass ich bei diesem Projekt dabei sein möchte“, erzählt sie uns. „Ich wurde von der Frauengruppe, die im Zuge des Projekts gebildet wurde, zur Vorsteherin des Dorfes Ngatabaru in Sigi in Zentral-Sulawesi gewählt und vertrete die Womenpreneurs4Plastic-Frauen in diesem Dorf.“ Sie ist stolz, sich aktiv für die Rechte und besseren Lebensbedingungen für Müllsammlerinnen einsetzen zu können.
Die Hoffnungen und Ziele, die die Frauen im „Womenpreneurs4Plastic“-Projekt verfolgen, sind groß, aber erreichbar:
- Faire Preise für das gesammelte Plastik durch direkte Vermarktung des gesammelten Plastiks
- Weniger Schuldzinsen, durch die Schaffung von Frauen-Spargruppen
- Kenntnisse über Plastiksortierung, -marketing und -recycling
- Unterstützung durch die Bereitstellung von Shredding-Maschinen und Recycling-Maschinen.
Nani ist sehr zuversichtlich, dass dies gelingen wird. Mit Überraschung stellte sie fest, dass sich in den letzten Jahren niemand für das Wohl der Müllsammlerinnen interessiert oder eingesetzt hat. Seit Start des Projekts hat sich in dieser Hinsicht jedoch schon ein erfolgversprechender Wandel abgezeichnet: Sowohl die Dorfverwaltung als auch die Distrikt-Umweltbehörde haben sich bereiterklärt, die Belange der informellen Müllsammlerinnen aktiv zu unterstützen.
Erfahren Sie hier mehr über unser „Womenpreneurs4Plastic“-Projekt.
Text von Cordula Wasser, Leiterin Asienabteilung, Juni 2022