Menstruation: Hygiene, Gesundheit und Aufklärung
Die Menstruation ist ein völlig natürlicher Vorgang. Jeden Tag menstruieren schätzungsweise 300 Millionen Menschen. Und doch ist die Menstruation weltweit noch immer ein Tabuthema. Mädchen und Frauen, die ihre Periode haben, erfahren in vielen Regionen Stigmatisierung und Ausgrenzung. Viele wagen es durch die Tabuisierung des Themas zum Beispiel nicht, zur Schule oder Arbeit zu gehen, während sie ihre Monatsblutung haben. Etwa 500 Millionen Frauen und Mädchen haben keinen Zugang zu den Mitteln, die sie benötigen, um ihre Menstruation würdevoll und gesund managen zu können.
Dies hat immense Folgen und kann sich sowohl individuell als auch gesamtgesellschaftlich negativ u. a. auf Gesundheit, Bildung, Arbeit und die Gleichberechtigung der Geschlechter auswirken. Malteser International setzt sich daher gerade in Ländern des Globalen Südens für Verbesserungen im Bereich Menstruationshygiene und -gesundheit ein und versucht, der Tabuisierung der Menstruation, die auch in den Ländern des Globalen Nordens Realität ist, entgegenzuwirken.
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Die weltweite Tabuisierung der Menstruation und ihre Folgen
Noch immer erfahren Frauen und Mädchen aufgrund ihrer Periode Stigmatisierung und Ausgrenzung. Die Tabuisierung der Menstruation ist ein globales Problem, das längst nicht nur Länder des Globalen Südens betrifft. Auch in Ländern des Globalen Nordens empfinden viele Mädchen und Frauen Scham für ihre Periode und ziehen sich während der Monatsblutung aus dem öffentlichen Leben zurück. Sie wagen es beispielsweise nicht, über das Thema zu sprechen, oder genieren sich, wenn sie zum Beispiel Tampons und Binden im Supermarkt kaufen. Nach dem SCA Hygiene Matters Report 2016/17 fühlen sich über die Hälfte (52 %) der Frauen und Mädchen in Deutschland während ihrer Periode in sozialen Situationen unwohl.
Der Fall eines kenianischen Mädchens aus dem Jahr 2019 verdeutlicht, welch schlimme Folgen die Stigmatisierung aufgrund der Menstruation für Frauen und Mädchen haben kann: Die 14-Jährige nahm sich das Leben, nachdem sie in der Schule zum ersten Mal ihre Periode bekam und aufgrund eines Blutflecks auf der Schuluniform von ihrem Lehrer gedemütigt und des Klassenraums verwiesen wurde.
In einigen afrikanischen und asiatischen Ländern gelten Frauen und Mädchen, die ihre Periode haben, als „unrein“. Aus Scham und der Angst vor Demütigung wagen es viele nicht, während ihrer Monatsblutung zur Schule oder Arbeit zu gehen. Mindestens eins von zehn Mädchen südlich der Sahara nimmt laut UNESCO während ihrer Periode nicht am Unterricht teil. Dadurch verpassen sie mehr als 20 Prozent ihrer schulischen Ausbildung, verlieren den Anschluss und gefährden ihren Schulabschluss. So verhindert die Tabuisierung der Regelblutung vielerorts, dass junge Frauen und Mädchen ihre Bildungschancen wahrnehmen, einen gut bezahlten Job bekommen und bessere Lebensbedingungen für sich schaffen können.
Hygiene während der Menstruation ist in ärmeren Ländern schwierig
Die hygienische Situation in ärmeren Ländern ist oftmals kritisch und eine ernsthafte Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung. An vielen Orten fehlt der Zugang zu sauberem Wasser, Waschmöglichkeiten oder sanitären Einrichtungen.
Vor diesen Bedingungen ist es für Frauen und Mädchen kaum möglich, während ihrer Menstruation ein ausreichendes Maß an Hygiene einzuhalten. Der Zugang zu Hygieneartikeln wie Binden und Tampons etc. ist beschränkt oder Frauen und Mädchen können sich diese schlichtweg nicht leisten. So kostet beispielsweise in Kenia eine Packung Binden fast so viel wie die Menschen dort an einem Tag verdienen. In ihrer Not greifen Frauen und Mädchen während ihrer Regel auf Stoffe, Schwämme oder Watte zurück. Diese Maßnahmen sind allerdings meist nicht ausreichend, um die Blutung aufzufangen und können zudem zu Infektionen führen, die die Gesundheit der Betroffenen gefährden.
Hinzu kommt, dass Frauen und Mädchen oft weder einen Zugang zu sauberem Wasser haben noch einen privaten Raum wie abschließbare Toiletten mit sauberem Wasser, in denen sie während der Regelblutung Binden wechseln, entsorgen und andere Hygienemaßnahmen durchführen können. So wachsen auch die Scham und die Angst der Betroffenen, in der Öffentlichkeit durch einen Blutfleck auf der Kleidung bloßgestellt und gedemütigt zu werden.
Die Tatsache, dass auch in Deutschland die Mehrwertsteuer für Periodenprodukte erst im Jahr 2020 von 19 auf 7 Prozent gesenkt wurde, verdeutlicht, dass auch in europäischen Ländern der freie Zugang zu Hygieneartikeln, die Frauen und Mädchen während der Periode benötigen, längst noch keine Selbstverständlichkeit ist. In den ärmeren Ländern dieser Welt aber sind die Folgen dieses Mangels besonders existenziell.
Menstruationshygiene und -gesundheit als globales Ziel
Die Verbesserung der Menstruationshygiene insbesondere in Ländern des Globalen Südens ist wichtiger Bestandteil aller Engagements im Bereich WASH (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene) und damit integraler Bestandteil der humanitären und entwicklungspolitischen Arbeit von Malteser International.
Auch in den Sustainable Development Goals (SDGs), die im Jahr 2015 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen unterzeichnet wurden, ist MHH (menstrual health and hygiene) fest verankert. Unter dem Nachhaltigkeitsziel Nr. 6 „Sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen“ spricht die UN Frauen und Mädchen das Recht auf Menstruationshygiene und -gesundheit zu.
Bis zum Jahr 2030 soll demnach Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen für alle Menschen geschaffen und dabei speziell die vulnerable Situation der Frauen und Mädchen in den Blick genommen werden.
Unter Berücksichtigung der Ausgrenzung, die Frauen und Mädchen aufgrund ihrer Regelblutung erfahren, der negativen Folgen für ihre Chancen in der Schule und auf dem Arbeitsmarkt sowie für ihre Gesundheit ist MHH auch in anderen SDGs wie Nr. 3 „Gesundheit und Wohlergehen“, Nr. 4 „Hochwertige Bildung“, Nr. 5 „Geschlechtergleichheit“ oder Nr. 8 „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ implizit enthalten. Vor diesem Hintergrund wird MHH zum globalen Ziel, dem sich die Vereinten Nationen und die Mitgliedsländer verschrieben haben.
Voraussetzungen für gute Menstruationshygiene und -gesundheit
Um bessere Bedingungen für die Menstruationshygiene insbesondere in ärmeren Ländern zu schaffen, muss zum einen die Hygiene- und Sanitärversorgung verbessert und zum anderen an der Aufklärung über Menstruation und ihrer gesellschaftlichen Akzeptanz gearbeitet werden. Im Bereich der Hygiene- und Sanitärversorgung muss eine Infrastruktur sanitärer Einrichtungen wie Waschmöglichkeiten und entsprechend ausgestatteten Toiletten geschaffen werden. Zudem benötigen Frauen und Mädchen freien Zugang zu Periodenartikeln wie Tampons, Binden und Menstruationstassen.
Der zweite wichtige Bereich umfasst die Aufklärung über die Menstruation. Dabei gilt es, Frauen und jungen Mädchen Wissen über den weiblichen Zyklus sowie die Menstruationshygiene zu vermitteln und ihnen eine Anlaufstelle zu bieten. Mit der Aufklärung, die auch Jungen und Männer miteinschließen sollte, gehen auch die Ziele einer Entstigmatisierung von Frauen und Mädchen sowie die Enttabuisierung der Periode einher. Diese müssen dringend erreicht werden, um die gesellschaftliche und soziale Ausgrenzung, von der Frauen und Mädchen aufgrund ihrer Periode betroffen sind, zu beenden.
Bisherige Entwicklungen: kostenlose Verteilung von Damenbinden in Kenia
In Kenia wurden bereits erste Schritte auf dem Weg zur Verbesserung der Menstruationshygiene für Frauen und Mädchen gemacht. So erließ die kenianische Regierung bereits im Jahr 2011 die Steuer auf Binden und Tampons. Im Jahr 2017 wurde ein Gesetz verabschiedet, dass Schulen dazu verpflichtet, kostenlose Binden zu verteilen. Das Gesetz ist eine große finanzielle Entlastung für viele Familien, die sich entsprechende Hygieneartikel kaum oder gar nicht leisten können. Die Regierung Kenias stellt nun jährlich rund 4,3 Millionen Euro für die Versorgung mit Binden bereit. Als öffentlicher Akt geht von dem Gesetz auch eine Symbolkraft aus, die ein erster Schritt Richtung Enttabuisierung der Menstruation ist. Dennoch ist der Weg hin zu einer gesellschaftlichen Akzeptanz noch weit und macht adäquate Aufklärungsprogramme erforderlich.
In anderen afrikanischen Ländern konnte bisher keine gesetzliche Verankerung von Maßnahmen zur Verbesserung der Menstruationshygiene erreicht werden. Oftmals scheitern entsprechende Regierungsabsichten auch an mangelnden Finanzierungsmöglichkeiten. Umso wichtiger ist die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, die die Frauen und Mädchen durch die Bereitstellung von Hygieneartikeln unterstützen oder Aufklärungsarbeit leisten.
Im Jahr 2014 rief WASH United den Menstrual Hygiene Day (MH Day) ins Leben, der seitdem jährlich am 28. Mai gefeiert wird. Der Tag rückt das Thema Menstruation und die damit zusammenhängenden globalen Probleme der Stigmatisierung, Tabuisierung und Menstruationshygiene in das Licht der Öffentlichkeit. Die Initiative ist mit der Hoffnung verbunden, Macht- und Entscheidungsträger zu mobilisieren, die Brisanz des Themas anzuerkennen und aktiv zu werden.
Menstrual Hygiene Day: So haben wir gefeiert!
Unser Einsatz für Frauen und Mädchen: Verbesserung der Menstruationshygiene und Aufklärung
Wir von Malteser International setzen uns dafür ein, bessere Bedingungen für die Menstruationshygiene in unseren Projektländern zu schaffen und die gesellschaftliche Akzeptanz voranzutreiben.
Da eine gute Menstruationshygiene nur unter der Voraussetzung einer ganzheitlich verbesserten Hygiene- und Sanitärversorgung möglich ist, schließt unser Engagement im Bereich MHM (menstrual hygiene management) auch allgemeine Maßnahmen wie die Schaffung eines freien Zugangs zu sauberem Wasser mit ein. So arbeiten wir beispielsweise im Südsudan mit Gemeinden vor Ort zusammen, um Systeme für eine faire Wasserversorgung zu etablieren und errichten Sanitäranlagen an öffentlichen Plätzen, Schulen oder Gesundheitseinrichtungen.
In Haiti haben wir bereits Latrinen gebaut, die Frauen und Mädchen die nötige Privatsphäre bieten sollen, um Tampons und Binden zu wechseln und zu entsorgen. Außerdem haben wir Binden und Tampons verteilt, die sich die in Armut lebenden Menschen nicht leisten können.
Bei Katastropheneinsätzen stellen wir ebenso bei der Verteilung von Hygiene-Kits sicher, dass auch Perioden-Produkte enthalten sind und die Gemeinden für die Verwendung dieser Produkte sensibilisiert werden.
Mindestens genauso wichtig wie die materielle und finanzielle Unterstützung ist die Aufklärungsarbeit im Bereich Menstruation und Menstruationshygiene. Bei unseren Trainings für Schülerinnen und Schüler lernen Mädchen die grundlegenden Maßnahmen der Menstruationshygiene wie das Wechseln und die korrekte Entsorgung von Binden und Tampons. Vor allem aber lernen sie die Periode als natürlichen Vorgang des weiblichen Zyklus kennen, für den sie sich nicht schämen müssen. Auch Jungen erfahren, dass die Menstruation etwas ganz Normales ist und es keinen Grund gibt, Frauen und Mädchen während ihrer Periode auszugrenzen. Die Aufklärung zur Menstruation ist essenziell, um die Situation der Frauen und Mädchen zu verbessern. Denn nur wenn das Thema Menstruation nicht länger tabuisiert wird, kann der sozialen Ausgrenzung und ihren existenziellen Folgen ein Ende bereitet werden.